Havelland 6. bis 8. März 2020

Freitag, der 6. März 2020 Wohnort – Raststätte Köckern – Stahlwerk Brandenburg – Hotel Eintragung ins Logbuch: 10.07 Uhr Ankunft an der Raststätte Köckern. 11.18 Uhr Abfahrt in Richtung Nordwesten. Ankunft um 13.05 Uhr im Stahlwerk Brandenburg. Mittagessen und Tee mit Rum. Begrüßung mit Kinderbalett. Industriemuseum - das Stahlwerk während der DDR. 16.15 Uhr Abfahrt 16.55 Uhr Zimmerbezug und gegen 18.45 Uhr Abendessen im Hotel. 272 km im Reisebus, 127 km im Kleinbus, wenig gelaufen

Diesmal ist irgendwie alles anders. Ein neuartiger noch ziemlich unbekannter Virus beeinflusst das Leben der Menschen weltweit. Coronaviren sorgen für eine sogenannte Pandemie und lassen Menschen an COVID-19 erkranken. Auch ich habe darüber nachgedacht, diesmal zu Hause zu bleiben. Andererseits wusste ich, es geht in eine eher ländliche, dünn besiedelte Region. Außerdem vertraue ich Schumann Reisen - niemals würde Thomas Schumann seine Gäste oder seine Mitarbeiter einem unvertretbar hohem Risiko aussetzen.  Vielleicht ist es ja auch für eine Weile die letzte Mög-lichkeit nochmals unbeschwert zu verreisen und sich mit Freunden und Bekannten treffen. Wer weiß schon, was noch auf uns zu kommt. 

Diesmal muss ich nicht so früh aufstehen. Erst um 8.25 Uhr werde ich abgeholt. Daß es Richtung Norden geht, erfuhren wir schon mit den Reiseunterlagen. Denn statt im Landhotel in Oberpöllnitz treffen wir uns alle an der Raststätte Köckern kurz nach Leipzig. Hier erwarten uns schon die Schumänner und -frauen. Ein Sektbufett ist aufgebaut. Es werden die berühmten "Leberwurstpralinen" gereicht. Auch an süße Sachen wird gedacht. Rund 350 Gäste versammeln sich hier. Um kurz nach 11 Uhr erfolgt dann der Startschuß - die Karawane setzt sich in Bewegung. Sie führt uns ins Havelland. Es ist das Land der verwunschenen Seen und voller Poesie. Hier in Brandenburg gab es das größte Stahlwerk der DDR. Hier am Rhinluch und am Dossebruch begann Friedrich Wilhelm 1718 mit der Urbarmachung und Ansiedlung. Diese Reise wird uns von allen etwas bieten. Wieder einmal Tage voller Höhepunkte. "Hätten Sie heute Morgen gedacht, dass Sie im VEB Stahl- und Walzwerk Brandenburg begrüßt werden? Hier im Industriemuseum steht der letzte Siemens - Martin - Ofen in ganz Europa. Seien Sie mir herzlich willkommen" begrüßt uns Thomas Schumann. Museumsdirektor Marius Krohn erzählt von der Geschichte des Industriestandortes Brandenburg. "Rudolf Weber suchte in der Nähe der Reichshauptstadt Berlin nach einem geeigneten Standort und rechnete sich dabei einen bedeutenden Preisvorteil gegenüber seinen Konkurrenten im Rheinland und in Westfalen aus. Beim Aufbau 1913/14 war das Weberwerk eines der ersten Stahl- und Walzwerke in Mitteldeutschland. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges wirkte sich auf die allgemeine Industrie- und Wirtschaftsentwicklung eher dämpfend aus. Das Brandenburger Stahl- und Walzwerk nahm die Produktion von Kriegsmaterial auf. Es wurden Granathülsen und Geschoßteile gefertigt. Die Rohstoffbeschaffung erwies sich als größtes Problem. Im Jahr 1917 führte der Mangel an Kohle zum Stillstand der Produktion. Weber war gezwungen das Werk zu verkaufen. Auf Hugo Stinnes folgte Friedrich Flick. Dem Bau von Panzern folgte die totale Demontage als Reparationszahlung nach dem 2. Weltkrieg. Am 15. Februar 1950 erfolgte die Grundsteinlegung für den Siemens-Martin-Ofen I. Die Hülse aus rostfreiem Stahl trug die Aufschrift „Aus Stahl wird Brot“. Bis 1953 wurden 10 Siemens-Martin-Öfen und die dazugehörigen Schornsteine sowie alle Nebenanlagen gebaut." Was für ein Komplex. Nach dem kurzweiligen Programm des Kinderbaletts können wir dann die riesigen Kräne und den massigen Ofen selbst in Augenschein nehmen. Ich fühle mich um Jahrzehnte zurückversetzt. Was für schwierige, ja fast unmenschliche Arbeitsbedingungen mögen hier geherrscht haben? Dreck, ohrenbetäubender Lärm und Gestank, dazu eine infernalische Hitze. Ohje - da haben wir es heute wirklich viel besser. Übrigens gibt es auch lecker zu Futtern - Wildschweine und Spanferkel, Sauerkraut und Kartoffelsuppe. Sehr, sehr lecker.

Samstag, der 7. März 2020 Hotel – Schloss Ribbeck – Schiff auf den Havelseen – Hotel Eintragung ins Logbuch: 09.25 Uhr Abfahrt zum Schloss Ribbeck. 10.20 Uhr Ankunft und Besuch bei Theodor Fontane mit anschließendem Mittagessen. Geschichte(n) mit Birnenkuchen in der Scheune (uiii war das kalt). 16.00 Uhr In Geltow an Bord zu Havelschifffahrt mit Musik und Kulinarik. 21.10 Uhr Anlegen in Potsdam und Rückfahrt in unser Hotel 125 km im Reisebus, 89 km an Bord über Havel und Seen, 1,4 km zu Fuß

Wir beginnen den Samstag mit einer wunderbaren Fahrt durch das Havelland. Dabei passieren wir hübsche Dörfer aber auch manch verfallenes Gehöft. Auf den Wiesen beobachte ich immer wieder stolze Kraniche. Einige der Glücksvögel bleiben das ganze Jahr hier. Große Ansammlungen von Gänsen und Schwänen geben sich ein Stelldichein. Eine richtig schöne Naturfahrt. Wir erreichen Schloss Ribbeck. Seit 2009 erstrahlt Schloss Ribbeck, das als Erweiterung des “Doppeldachhauses” aus der berühmten Ballade Theodor Fontanes im neobarocken Stil errichtet wurde, über dem pittoresken Dorfensemble des ehemaligen Gutshofs wieder in ursprünglichem Glanz. Schloss Ribbeck hatte einst Theodor Fontane in seinen Bann gezogen. Und da ist der große Dichter auch schon. Am Eingang zum Museum begrüßt er uns.

Im kleinen Museum gibt es viel zu sehen und auch zu hören. Ich erfahre viel über die Zeit als Theodor Fonate lebte. Man schrieb das Jahr 1887 als die Geschichte vom alten Ribbeck und seinem Birnbaum erstmals veröffentlicht wurde. Theodor Fontanes Gedicht über den „Birnbaum“ hat den kleinen Ort Ribbeck und damit das ganze Havelland berühmt gemacht. „Es spiegeln sich in deinem Strome Wahrzeichen, Burgen, Schlösser, Dome“, schrieb er über das Havelland. Der Landschaft und den Orten entlang der Havel hat er umfangreiche Texte gewidmet, nicht zuletzt natürlich das berühmte Gedicht über den Herrn von Ribbeck und seine Birnen.

Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland, Ein Birnbaum in seinem Garten stand, Und kam die goldene Herbsteszeit Und die Birnen leuchteten weit und breit, Da stopfte, wenn's Mittag vom Turme scholl, Der von Ribbeck sich beide Taschen voll.

so die ersten Zeilen des wunderbaren Gedichts. Und dann. selbst nach dem Tode des alten Ribbeck spendet der aus seinem Grab wachsende Baum seine Birnen den Kindern.

So spendet Segen noch immer die Hand Des von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland.

Vor lauter Fontane habe ich doch fast das Mittagessen verpasst. Dabei war das durchaus lecker und reichlich (wie immer bei Schumanns). Den Nachtisch, frischen Birnenkuchen, gab es in der Festscheune mit musikalischer Unterhaltung. Doch vor lauter Zähneklappern konnte ich gar nicht alles verstehen. Nun gut, es waren schöne Stunden auf Ribbeck im Havelland. Der Kultur folgt nun Natur. In Geltow am Schwielowsee gehen wir an Bord der Weißen Flotte. Sonnenuntergang auf dem See ist angekündigt. Und tatsächlich - wir erleben ein traumhaftes Naturschauspiel. Die untergehende Sonne zaubert ein fantastisches Licht über See und Ufer. Schwielowsee, Templiner See, Tiefer See bis in den Großen Wannsee hinein. Immer wieder neue Landschaftsbilder. Ich bin oft oben auf dem Sonnendeck, um diese Stunden zu genießen. Derweil spielt im Salon die Musik tüchtig auf. Es wird getanzt und mitgesungen. Zwischendurch wird das Abendessen serviert. Ein leckeres Süppchen vornweg und ein zünftiger Schweinsbraten als Hauptgang. Zum Abschluss ein feines Dessert. Draußen wölbt sich derweil ein Sternenhimmel über das Havelland. Da spiegeln sich die Lichter Potsdams golden im Wasser. Der Fahrt ins Blaue Abend einmal ganz anders. Ich als Naturliebhaber fand es prima. Ein schönter Tag geht zu Ende.

Sonntag, der 8. März 2020 Hotel – Kolonistenhof Großderschau – nach Hause Eintragung ins Logbuch: 09.35 Uhr Abfahrt am Hotel. 10.10 Uhr erreichen wir den Kolonistenhof. Fanfarenzug und Orgelkonzert. Blasmusik und Filmtierschule. Buttern und Seilern. Essen und Trinken. 14.35 Uhr Abfahrt in Richtung Heimat. 17.55 Ankunft am Rastplatz Osterfeld bei Naumburg, Pause und Umsteigen in die Heimatbusse - TSCHÜSS!!! 329 km im Reisebus, 98 km im Kleinbus, 2 km mit dem Kremser, 865m zu Fuß und viel gelacht...

Wieder führt uns die Fahrt quer durch das liebliche Havelland. Und wieder bekomme ich Kraniche zu Gesicht, diesmal kann ich sogar einige fotografieren. Am Kolonistenhof begrüßt uns der hiesige Schalmeienzug mit schmetternden Tönen.  Was hier alles los ist - Musik, die Bewohner des Dorfes in alten Trachten. Überall  reges Treiben. Ein Dorffest wie vor 100 Jahren. Was ist eigentlich ein Kolonistenhof? "Schauen wir zurück - in die Zeit des Preußen Königs Friedrich Wilhelm I. Menschen sind der wahre Reichtum eines Staates. Das erkannte Brandenburg-Preußen schon frühzeitig und so wurden Zuwanderer ins Land geholt. Schnell machten sich die preußischen Könige auch daran, Brachland urbar zu machen und zu besiedeln. Erste Anfänge erfolgten 1712 in Ostfriesland mit der Einführung von Moorlandkulturen. Schon 1685 kamen 20.000 Hugenotten aus Frankreich nach Brandenburg. Diese wurden vor allem in den Städten angesiedelt, weil es sich vorrangig um Handwerker, Tuchmacher, Spinner, Färber, Hutmacher und Schneider handelte. Ab 1724 wurden in der Uckermark Schwaben und Franken angesiedelt. In der Zeit von 1729 bis 1736 kamen etwa 2.000 Böhmen nach Preußen und erhielten, da es sich meist um Spinner und Weber handelte, nahe Berlin Land, um Kolonien zu gründen. Und so entstand der Kolonistenhof Großderschau." erklärt uns Helga Klein.

In der Kolonistenkirche meldet sich Thomas Schumann nochmal zu Wort. Er bedankt sich bei Allen und wünscht Gesundheit und Glück auf allen Wegen. Hier spielt auch die Orgel für uns. Draußen gibt es Blasmusik und wieder tüchtig zu Essen. Die Erbsensuppe war ein besonderer Schmankerl. Und dann erst der gute Kuchen. Ein Genuss. Dann geht es wieder nach Hause. Die Fahrt ins Blaue neigt sich dem Ende zu. Wie üblich halte ich im Bus noch mein kleines Mittagsschläfchen. Nach etwas Bier und einem Gläschen Sekt und vollem Bauch vom Schlemmen geht das natürlich wunderbar. Schnell fange ich zu träumen an: auf einmal befinde ich mich wieder auf dem Rastplatz in Köckern. Mit Sekt und Leberwurst stoßen wir auf eine Gute Reise an. In Brandenburg duftet es nach Wildschwein und Tee mit Rum. Herr von Ribbeck... das Gedicht geht mir auch nicht mehr aus dem Sinn und auf dem Schwielowsee genieße ich nochmal einen traumhaften Sonnenuntergang. Dann der Kolonistenhof Großderschau. Was für ein Abschlussfest. Blasmusik und Erbsensuppe, ein wunderbares Finale, so denke ich mir..., da weckt uns unser Reiseleiter. Die letzte Pause zum Umsteigen in Osterfeld ist erreicht. Es geht nach Hause mit dem Kleinbus ab dort. Doch wie immer habe ich noch einige Wünsche parat. Bitte immer wieder solche tollen Überraschungen und Höhepunkte uns Gästen bieten. Und wenn es draußen mal kalt wird, immer auch warme Plätze finden. Das wünsche ich mir. Gesund mögen die Schufrauen und Schumänner bleiben und wir Gäste natürlich ebenfalls. Das ist so wichtig in diesen Zeiten. Ich jedenfalls bin bald wieder dabei – zur Großen Geburtstagsreise und später zur Adventsfahrt ist doch klar. Kommen Sie doch auch wieder mit?

Ihr Schumann Reisen Dauergast!