Mit Schumanns nach Amerika

MS AMERICA - auf dem Mississippi

Flapps - der Truthahngeier erzählt

Mit Schumanns nach Amerika
Mississippi und Florida

Good morning – My name is Flapps, 

ich bin ein Turkey Voulcher, ein Truthahngeier, wie ihr Deutschen sagt. Natürlich wäre ich lieber ein Weißkopfadler geworden, ist er doch
der Nationalvogel der Vereinigten Staaten von Amerika. Aber nun gut – meine Eltern sind nun mal Truthahngeier. Im Übrigen sind wir sehr
kluge und für die Umwelt wichtige Vögel. Verwandte von mir wohnen überall auf der Welt. Auch in Afrika und Brasilien, sogar in
Deutschland gibt es Cousins und Cousinen. Meine engsten Freunde jedoch sind ein Nashornvogel namens Zazu, ein Takko namens Tukany
und eine Rauchschwalbe – Sie heißt Veronika. Sie verbringt Ihre Sommer immer in Old Germany. Und zwar da, wo früher die Kommunisten
herrschten. Neuerdings zieht sie ihre Jungen immer am Storchennest auf – weshalb es Storchennest und nicht Schwalbennest heißt verstehe
ich auch nicht.
Ich erzähle Ihnen eine Geschichte, wie sie sich wirklich zugetragen hat. Mit meiner Freundin Veronika, der Rauchschwalbe, Sie erinnern sich, stehe
ich im engen Briefwechsel. Depeschen, neuerdings auch eMail und WhatsApp gehen hin und her. Ja wir Vögel sind auch modern. Vor einigen
Wochen erhielt ich von Veronika eine mit EILIG gekennzeichneten Vogeldepesche, die über den Atlantik zu mir nach Hause kam. Wo mein zu
Hause ist? Ich erwähnte ja schon, dass ich ein Truthahngeier bin. Wir Geier schweben hoch in den Wolken über den größten Skysrabbern wie man
hier die Hochhäuser nennt. Im Luftraum zwischen Kap Horn und Kanada sind wir zu finden. Mein Revier befindet sich im Süden der Vereinigten
Staaten. Also bin ich ein amerikanischer Geier. Mein Heimatland besteht aus 50 Staaten, es gilt als innovativstes der Welt. Menschen aus allen
Herren Ländern leben hier, nunja mehr oder weniger friedlich miteinander. Das war nicht immer so: Kriege zwischen den Einwanderern und den
Ureinwohnern, die diese wiederum Indianer nannten, zwischen den Siedlern und Kolonialstaaten, zwischen Nordund
Südstaaten überschatteten
die Vergangenheit. Doch daraus wuchs eine starke Nation mit stolzen Menschen. Nur bei der letzten Präsidentenwahl ging irgendetwas schief.
Naja diese Menschen sind eben nicht perfekt. Bei uns Vögeln wäre das nicht passiert. Doch das ist eine andere Geschichte.

 

 

Oft bin ich über dem Mississippi zu sehen. Aber auch über Florida ziehe ich meine Kreise. Immer auf der Suche nach leckerem Futter und einer guten Story. Denn ich bin ein Gourmetgeier und dazu noch ein neugieriger. Zurück nun endlich zur Vogeldepesche, die von meiner Freundin Veronika über den Atlantik  kam.

Mein lieber Freund Flapps,
ich habe Dir doch von dem kleinen, grauen Dicken erzählt der unterhalb meines
Nesthauses am Storchennest sein Unwesen treibt. Er soll dort schon fast 25
Jahre wohnen, ein richtiges Nesthaus scheint er jedenfalls nicht zu haben.
Übrigens weiß ich auch, wie er genannt wird: Thomas Schumann, manche
nennen ihn auch Schnecke. Ist das nicht komisch lieber Flapps? In letzter Zeit
jedenfalls bekomme ich ihn immer seltener zu Gesicht. Oft sind seine zwei
Flimmerkästen auf dem großen schwarzen Tisch allein und flimmern vor sich
hin. Wenn er dann mal wieder da ist, macht er alle anderen irgendwie verrückt.
„Habt ihr dies noch nicht erledigt? Was ist mit dem Hotel dort? Wieso sind die
Depeschen an die Gäste noch nicht raus?“ Irgendwie ist er manchmal ein
bisschen ungeduldig habe ich den Eindruck. Doch das nur am Rande. Im Juni,
meine Kinderchen lernen gerade Fliegen, ist er wieder einmal unterwegs. Von
seiner Schwälbin, Sie wird Kerstin genannt, hörte ich, dass der kleine, graue
Dicke zu dir unterwegs sei. Leider konnte ich dir nicht früher Bescheid sagen.
Vielleicht hast Du ihn sogar gesehen. Weiterhin hörte ich, daß eben diese
Thomas Schnecke mit seiner Schwälbin Kerstin und mehr als 25 Greenhorns im
Schlepptau in die neue Welt aufzubrechen gedenken. Nicht als Auswanderer,
nur als Besucher. Sie planen New Orleans zu besuchen, auf dem Mississippi zu
schippern und in Florida sonnige Tage zu genießen. Bitte mein lieber Flapps,
pass auf diese Greenhorns auf. Ich kenne doch den Schnecken Schumann
mittlerweile und auch seine Schwälbin recht gut. Beide sind mir irgendwie ans
Herz gewachsen. Und beide wollen den lieben Menschen im Schlepptau immer
nur Gutes tun. Nicht dass dabei etwas schief geht. Du kennst doch die Fallen in
New Orleans, die Untiefen des Mississippi und auch Floridas dunkle Ecken. Sie
wollen am 22. November dieses Jahres bei euch einfliegen. Wie ich hörte mittels
eines solchen Rieseneisenvogels. Du kennst die Dinger, die 1000 mal so groß
wie ihr majestätischen Truthahngeier sind und nur dünne Brühe, doch dafür
tonnenweise, vertilgen. Komische Vögel. Bitte versprich mir, hab ein Auge
drauf und hilf wenn´s brennt. Ja?
Deine Freundin Veronika

 

Nun – ich versprachs und kreise am 22. November über dem Rieseneisenvogellandeplatz in New Orleans. Gleichzeitig beobachtet mein Bruder
Dizzy den Luftraum über Miami, denn da kommen die meisten dieser Vögel aus dem fernen Deutschland erstmal an. Und tatsächlich, die
Greenhorns werden entdeckt. Zunächst erspäht sie mein Bruder Dizzy: „Hier müssen wir lang, dort bei den Automaten die Einreise erledigen.
Gern bin ich behilflich – hört Dizzy den kleinen, grauen Dicken schwadronieren". Doch die strammen Officers von der US Immigration lassen da
keine Luft ran. Erst werden alle verwirrt. Manche müssen zum Schalter, andere zum Automaten und zum Schalter, wieder anderen wird das
Gepäck erstmal abgenommen und gründlich durchsucht. Oh, der kleine, graue Dicke platzt gleich. Doch das sind die Vereinigten Staaten und
nicht sein Home am Storchennest. Hier wird er schnell in die Schranken gewiesen. Drei heftige Worte, ein grimmiger Blick, ein Griff an das Holster
und ruhig gestellt ist der Dicke. Aber ich kann ihn wirklich verstehen, er will nur helfen um den Flug nach New Orleans für alle nicht zu
versäumen. Schlussendlich geht alles gut aus. Die Schneckencousine bezahlt das Übergepäck und alle gehen pünktlich an Bord des nächsten nicht
ganz so riesigen Eisenvogels. Ach ja Gepäck – diese Greenhorns haben ganze Schränke voller Federkleidern und Fußschuhen dabei. Viel zu viel
und garantiert das Falsche. Längst hat sich die Nacht über New Orleans gesenkt. Gerade so zwischen zwei Schlummerstündchen entdecke ich die
Bande beim Einsteigen in eine long Eisenkutsche. Schnell erreichen sie die Stadt. In einem der mittelmodernen Steinnestern steigen sie aus und
versuchen ihre kleinen Zimmernester (immer für 2 oder nur ein Greenhorn ein eigenes) zu bekommen. Das dauert, we are in New Orleans – da
gibt’s Musik und keine große Eile. Dann sehe ich sie alle enteilen in ihr persönliches Nest und schon schlummern sie tief und fest friedlich,
manchmal laut knurrend und schnarchend, Zähne knirschend – in den Morgen hinein.

 

„Willkommen in New Orleans, der Stadt des Jazz und der Kreolischen Küche, der Stadt am Mississippi und eine der schönsten ganz Amerikas“ da spricht Dr. Ina Fandrich, die kenne ich. Sie ist Historikerin und in Deutschland geboren. Aber längst kein Greenhorn mehr. Sie kennt sich aus in unserer Stadt. Ich bin sehr froh, dass Ina den Deutschen die Stadt zeigen kann. Zuerst fahren Sie zum Jackson Square. Die wundervolle St. Louis Cathedrale bestimmt die Szenerie. Hier fließt auch der Mississippi  dahin, träge und doch so mächtig. The Old Man River prägt das Leben hier im Süden. Ohne den Strom gäbe es bis heute diese Stadt hier nicht. Keine Plantagen wären entstanden, kein Holz transportiert und die Baumwolle würde nicht wachsen. Weiter nach Little  Saxony. Einst kamen Hunderte aus dem Teil Deutschlands, den man Sachsen nennt. Viele raffte das Gelbfieber dahin. Eine schwere Zeit zu überleben. Die
Friedhöfe, mittlerweile richtige Sehenswürdigkeiten, sind voller Zeugnisse auch aus dieser Zeit. Unsere Greenhörner besuchen die Gräber und staunen. Manche Grabstätten sind größer als die Hütten in den die Menschen zu Lebzeiten hausten. Nunja man ist auch länger tot als lebendig, wie mein älterer Geier Bruder Ziggy zu sagen pflegt. Am Kongo Square erinnert Ina an die Sklavenzeit und die Wurzeln der Musik. Hier steht auch der berühmter Louis Armstrong überlebens groß. Was für ein Musiker, was für ein großartiger Botschafter unseres Landes, was für ein edler Mensch. Weiter dann zum See und vorbei an den Kanälen. „Seit dem 23. August 2005 wussten Behörden und Bewohner entlang der Küste des Golfs von Mexiko, dass ein Hurrikan im Anmarsch war. „Katrina“ bildete sich nahe den Bahamas und zog zunächst auf Florida zu. Doch die eigentliche Katastrophe begann, als „Katrina“ sich längst zu einem
Tropensturm abgeschwächt hatte und von New Orleans ins Landesinnere zog. Die gewaltigen Regenfälle und die Flutwellen vom Golf, die ausgelöst wurden, waren mehr als die maroden Flutsicherungswälle von New Orleans, das zur Hälfte unter dem Meeresspiegel liegt, verkraften konnten. 80 Prozent der Stadt standen unter Wasser. Hunderttausende Menschen verloren ihre Wohnungen, Häuser oder sogar ihr Leben. Die Evakuierung der Stadt verlief
chaotisch, niemand war auf die Sturmflüchtlinge vorbereitet, in New Orleans machte sich Anarchie breit. Die nationale Katastrophenschutzbehörde Fema versagte ebenso wie regionale oder lokale Institutionen. Fast die Hälfte der damals 440 000 Einwohner musste die Stadt verlassen, rund 100 000 sind bis heute nicht zurückgekehrt, obwohl in der Stadt inzwischen wieder knapp 400 000 Menschen leben.“ erinnert unsere Ina an die wohl schwersten Jahre der
Stadt. „Mittlerweile wurden Milliarden investiert, um solche Schäden in Zukunft zu vermeiden“ erzählt sie weiter. Doch ob das angesichts der Klimaerwärmung und der Ignoranz vieler Menschen und Regierungen wohl helfen wird? Wir Vögel haben da große Zweifel. Wenn hier nicht ein rigoroses Umdenken geschieht, wird keine noch so hohe Schutzmauer, kein noch so breiter Kanal, kein Damm dieser Welt die dann wohl nicht mehr umkehrbare Katastrophe aufhalten können. Statt in immer höhere Mauern sollten wir in Ökologie und Nachhaltigkeit investieren, statt auf Abschottung auf Offenheit setzen. Dann wäre Platz und Wohlstand für alle diese Greenhorns da. – das sagen wir schlauen Truthahngeier und uns gibt´s schon viel länger als euch
Menschenkinder. Hört auf uns und schützt den Planeten auf dem wir alle leben, Pflanzen, Tiere und Menschen. 

In Ralph´s am Park, der besten Adresse wenn es um gutes Kreolisches Futter geht, macht die Greenhornbande Rast. Ohhhh, was sehen meine trüben Geieraugen. Da wird geschlemmt und geprostet, mehrere Gänge verschwinden in den kleinen und größeren Bäuchen. Edle Tropen fließen in die durstigen Kehlen. Diese Greenhorns verstehen zu leben, ganz wie ich Gourmetgeier es genießen kann. Die sind wirklich ganz besondere Deutsche, nicht wie manch  andere, die von Fast Food zu Fast Food rennen, immer auf der Flucht, immer voller Sorge ja nichts zu verpassen. Manchmal muss man an einem Ort wie diesen hier am Park lieber etwas länger verweilen. „We of St. Charles Avenue – wir von Saint Charles Avenue. Ja hier wohnen die richtig Reichen in New Orleans.“ Erklärt Ina. Villen als wären sie einem Hollywood Film entsprungen. Kein Wunder, dass hier mancher der ganz großen Stars sein zu Hause hat. Die Greenhörner genießen den Bummel an den hübschen Gärten vorbei. Später nehmen sie die Street Car, die älteste noch planmäßig ihren Dienst versehende
Straßenbahn der Welt. Wie durch einen natürlichen Tunnel zuckelt die Bahn. Die großen starken Arme der Living Oaks, der Virginia Eichen, scheinen sich über der Avenue zu verschränken. Dicht sind sie mit „Spanischen Bärten“ behangen. Pittoreske Bilder gepseichert im Kopf und in modernen Speicherkarten.
„Am Abend in die Bourbon Road, wenn Sie mitkommen möchten. Wieder haben wir ein tolles Restaurant für Sie reserviert. Red Fish Grill heißt der Gourmettempel hier. Später lade ich zu Musik und Kneipenbummel ein.“ Kündigt der kleine Graue das Abendprogramm an. Und so geschieht es auch. Zunächst wird getafelt und der Weinkeller dezimiert. Mehr als 20 Flaschen werden an diesem Abend geleert hat mir ein Freund erzählt. Im Anschluss geht´s die Bourbon Street hoch und wieder runter. Einkehr unterwegs und Jazz live im Fritzel´s und manches Bier dazu.

 

 

Am nächsten Tag sehe ich nur vereinzelt Greenhörner aus der großen Hoteltür treten. Sie spazieren nach hier und nach dort, mache sind Postkarten jagen, scheint so ein Sport in Deutschland zu sein. Und neuerdings sehe ich immer öfter auch so ein kleines Minitier eines der Greenhörner begleiten. Sieht irgendwie wie eine unserer Riesenbohnen aus. Später dann – die Schrankkoffer werden nach und nach abtransportiert – steigen die Gäste in eine der Long Eisenkutschen ein. Und warten und warten, eine der New Orleans Musik Paraden kommt vorbei. Ein tolles Finale der Tage in New Orleans wie ich finde.
Da liegt er, der große Eisenfisch, der Mississippidampfer. MS America empfängt die Greenhoorns am Cruise Terminal. Und schon gesellen sich 2 weitere Menschenkinder hinzu und die Bande wächst auf 30 an. Die hübsche Dame wird JoAnne gerufen und Steve Marking steht auf dem Preisschild des Mannes. Beide sind Kinder des Old Man River – ich kenn sie seit Jahren und schätze JoAnn und Steve als Botschafter unseres Mississippi. Deshalb nennt man sie auch Mister und MissSissippi. Sie erzählen den Greenhorns was hier los ist auf dem Strom. Erzählen Geschichten und erinnern an Geschichte in dieser Region. Lassen Bilder sprechen und oft auch ihre Musik. Zwei liebenswerte Menschen hat der dicke Kleine da für seine Greenhorns gefunden. Und diese genießen die
ersten Stunden an Bord. Mittagessen in mehreren Gängen. Feinste Weine und Bier aus Amerika. Am Abend echtes Gourmetdinner für die Gäste aus Old Germany. Die Greenhörner sind beliebt an Bord, so wird Ihnen nahezu jeder Wunsch von den Augen abgelesen. Ist auch praktisch, denn unsere Sprache sprechen sie kaum. Die anderen Reisenden aus Amerika lieben die Deutschen auch so scheint es mir. Und alle haben Verwandte in diesem entfernten Land. Eine schöne Woche wird das werden so denke ich mir.

 

 

Oak Alley – die Ansicht ziert manches Gemälde, manches Prospekt der Region. Oak Alley ist eindrucksvolles Beispiel der Südstaaten
Plantagen Kultur. Geprägt ist Oak Alley durch die namensgebende Eichenallee und macht sie damit zu einem beliebten Fotomotiv. Die alten Eichen, die die Allee zur Oak Alley Plantage säumen, sind mehr als nur eine malerische Kulisse für ein tolles Foto – ihre lange, knorrigen Äste, die sich schützend über die Allee legen, scheinen die Geheimnisse der Vergangenheit verbergen zu wollen. Geheimnisse, die dennoch von Zeit zu Zeit ans Licht kommen. Mitarbeiter berichten von geisterhaften Schatten hinter Fensterscheiben, vom Wiehern und Hufgetrappel unsichtbarer Pferde und dem Klang einer Kutsche, die die Allee entlang fährt – ohne, dass etwas zu sehen wäre. Hier werden die Kontraste sichtbar und treten offen zu Tage. Einen Teil der alten Sklavenhütten
nehmen die Gäste in Augenschein. „Mehr als 200 Sklaven haben hier Schweiß und Blut vergossen. Der Reichtum der Plantagenbesitzer basiert auf der Sklaven Arbeit. Geraubt aus der Heimat schufteten die Sklaven Generationen lang. Bis endlich 1865 auch für sie die Glocke der Freiheit erklang. Eine schwierige Freiheit lag nun vor den Menschen hier. Schwierig für die Plantagenbetreiber, um ihre Arbeitskräfte gebracht. Schwierig für die nun „freien“ Sklaven, standen diese doch oft ohne Einkommen und Unterkunft da.“ so erinnert der kleine, graue, Anführer die Greenhorns hier. Dem Ausflug in die Geschichte folgen Geschichten aus dem prächtigen Herrenhaus.

Am Nachmittag schwärmen Sie schon wieder aus. Diesmal zum Zuckerpalast auf der Houmas House Plantage. Auch hier konnten die damaligen Plantagenbesitzer solch unermesslichen Reichtum nur durch  Blut und Schweiß hunderter Sklaven anhäufen. 16 Zimmer, ausgestattet mit wertvollen Antiquitäten und Kunstwerken aus Louisiana. Eine bezaubernde Lady führt die Gäste aus Old Germany durch die Zimmer. Da staunen selbst die weitgereisten Greenhorns. Am frühen Abend erzählt Steve vom Leben auf dem Old Man River. Geschichten und Geschichte vom mächtigen Mississippi. Zur Belohnung, ich traue meinen Geieraugen kaum, gibt’s Alkohol. Vorabendliche Cocktailstunde in der Magnolia Lounge. Ein festes Ritual wird das wohl werden. Gleich danach gibt’s leckeres Futter im Restaurant. Fisch und Fleisch, das sich die Tische biegen, Flaschenweise edler Wein aus Kalifornien und
amerikanisches Bier. Ein echtes Verwöhnprogramm für Körper, Seele und vor allem den Bauch… 

 

 

Früh am Morgen, ich kreise gerade über dem Hafen von Baton Rouge (by the way that´s the capitol of Louisiana), da kommt doch eine gar seltsame Eisenkutsche vorgefahren. Statt hintereinander sitzen alle nebeneinander. Dicht an dicht kuscheln sie links und rechts des Ganges. Die längste Limousine der Welt. Und ganz hinten eine Chromtanzstange. Was für ein Spaß. Im hübschen St. Francisville stiegen sie das erste Mal aus. Die Anführer, also der kleine, graue Dicke und der gut aussehende Amerikanische Bariton Sänger namens Steve, locken sie in eine Kirche. Was wird das denn? Da erklingt die Baritonstimme, glockenklar ertönt das Ave Maria. Ooooh – da stellen sich meine Geierfedern auf so ergriffen bin ich. Fast wäre ich vom Himmel gestürzt, gerade noch kann ich mich an einem der uralten Eichenbäume festhalten. Da kommen die Greenhörner auch schon wieder raus aus der Kirche und besuchen ein Grab. Hier liegt Lt. Commander Hart, der hier im Bürgerkrieg sein Leben ließ. Als er zu Grabe getragen wurde ehrten Südstaatler und Unionssoldaten gemeinsam diesen ehrenwerten Mann. Der Tag als die Kämpfe stoppten. Unsere Greenhorns wissen davon mein Gott, wie gebildet
die sind. Dann zur Rosedown Plantage – Die Geschichte ähnelt jener vieler Herrenhäuser auf Louisianas Plantagen. Das Haus wurde 1834 von der
TurnbullFamilie errichtet, deren Vorfahren aus England kamen. Auf der RosedownPlantage wurde vor allem Baumwolle angebaut. Der Besitzer Daniel Turnbull besaß bis zu 450 Sklaven. Sein Reichtum schlug sich in der erlesenen Ausstattung des Wohnhauses, in den aus Europa importierten Möbeln und Stoffen und der aufwendigen Gartenanlage nieder. Ein wiederum ganz anderer Plantagenpalast. Zurück an Bord langen die Deutschen erstmal beim Lunch mächtig zu. Auch Wein und Bier fließt schon reichlich die durstigen Kehlen hinunter. Und immer wieder langen der Kleine Dicke und seine Gespielin am schnellsten und auch reichlich zu. Eine Pause gönnen sie sich und ihrer 26 köpfigen Begleitarmee nicht. Kaum ist aufgefuttert treffen sich alle wieder 
draußen an einer Eisenkutsche. Es geht zum höchsten Parlamentsgebäude ganz Amerikas. Sage und schreibe 137 Meter ist es hoch. Von dort oben genießen sie den Geierblick. Fast auf Augenhöhe mit uns Vögeln am Himmel. Doch sie bemerken mich nicht. Nur der graue, dicke Kleine schaut schon Minutenlang zu mir hinauf und zwinkert mir zu. Ich glaube er kennt mich, war ja auch schon paar Mal hier. Mittlerweile mag ich ihn und seine Begleitsoldaten doch recht gut leiden. Sind sie doch allesamt Genießer so wie wir Truthahngeier es sind. Doch nicht nur das, sie sind auch klug, interessieren sich für unsere Geschichte. Bilden sich weiter in unserem Nationalmuseum und lauschen den Geschichten des Mississippianführers Bariton Steve und seiner hübschen Gefährtin JoAnn. 

 

 

Mehr als 300 Jahre hat Natchez schon auf dem Buckel. Damit gilt sie als älteste Siedlung am Old Man River. Nun ja – Ureinwohner waren natürlich viel früher schon hier. In Natchez lassen sich die Greenhorns zunächst in die alte Kirche entführen, da wo Hunderte Fotos aus der alten Zeit zu bestaunen sind. Porträts hübscher Ladies hängen neben kunstvollen Kinderbildern. Das Leben am Mississippi wird dokumentiert und die Besucher können erahnen wie es vor 100 und 200 Jahren hier war. Und so stolzieren sie dann durch die Straßen der Stadt als wären sie eben erst direkt den alten Fotos entsprungen. Prachtvolle
Villen und mächtige Herrenhäuser säumen den Wegesrand. Hier und da noch einen Kaffee und ein Bier genießen und schon geht es zum Lunch auf den Flußdampfer zurück. Auf der Frogmore Plantage bauen die Farmer auch heute noch Baumwolle an. Natürlich hat die heutige Arbeit dank moderner Technik
nicht mehr so viel mit der Sklavenschinderei auf den Baumwollfeldern des 19. Jahrhunderts gemein. Mehrere Tonnen pro Stunde entkernen die Trommelsägen heute das „weiße Gold“ – dafür mussten etwas vor etw as mehr als 150 Jahren noch Dutzende Sklaven wochenlang an den Mühlen stehen. Riesige Kreaturen aus Eisen räumen heutzutage die Baumwollfelder leer, erledigen die Ernte in Windeseile. Hunderte Sklaven vergossen ihren Schweiß um die Arbeit eines einzigen dieser Eisengefährte zu leisten. Die Deutschen Hobbyfarmer lauschen aufmerksam zu, erfahren Geschichten aus Amerikas dunkelsten Zeiten. Ohje wie grausam können doch manche Menschen sein. Meine Geierbrüder berichten mir, dass es manchenorts noch heute eine Art
Sklaverei geben soll. Nur verdeckter und subtiler – vielleicht noch schlimmer als damals denke ich mir. Zurück an Bord genießen die Greenhorns das Leben. Feines Futter und leckere Drinks, gute Musik und spannende Geschichten. Ach ich gönne den Deutschen ihr glückliches Leben auf unserem Strom. Sie sind so nett und haben es sich einfach verdient.

 

 

Vicksburg, ein kleines Städtchen – hier ist nicht viel vom einstigen Reichtum zu sehen. Doch die Stadt ist heiliger Boden. Der Anfang vom Ende des amerikanischen Bürgerkriegs. Vor 155 Jahren gewannen die Nordstaaten die Schlacht um Vicksburg. Vicksburg wird nicht erobert, Vicksburg gibt auf. Die Entscheidung rückt näher. Durch 13 Gräben soll sich Grants Armee den Verteidigern nähern. Ein Anführer aus Vicksburg beschreibt den Greenhorns das
Ende der Schlacht: „Sie sehen diese Gräben noch heute. Kreuz und quer schneiden sie sich durch diese Hügel. Die Konföderierten versuchen den Ansturm durch Bäume und Steine, die sie in die Gräben rollen, noch schwieriger zu machen. Die Yankees greifen an, immer aufwärts, an allen Hindernissen vorbei. Das kann nicht gut gehen.“ Vicksburg wird nicht im Kampf erobert – Vicksburg fällt, weil die Zustände nichts anderes zulassen. General Pemberton
erhält einen Brief seiner Offiziere. Die Truppen verhungern, heißt es darin, sie haben kaum noch Munition. Wenn sie nicht aufgeben, werden sie desertieren. Pemberton stellt das Feuer ein. Grant hat sein Ziel erreicht. Für die Deutschen Gäste werden es Geschichtsstunden der besonderen Art.

 

 

Am Nachmittag gönnt der dicke, kleine, graue Reisegeneral seinen Soldaten endlich etwas Ruhe. Zum Bummeln, ruhen und Eisenschiffsbalkone nutzen. Undna klar – für Essen, Musik und leckere Tropfen. Den ganzen Donnerstag cruisen sie den Mississippi hinauf. Sie folgen den Spuren eines Auswanderers, der vor mehr als 150 Jahren auch diesen Weg nahm. Einer der Greenhorns ist auch ein Geschichtenerzähler und einer der diese aufschreibt in solche
Papierpakete, die die Menschen Bücher nennen. Rudolf Lukasek ist sein Name. Er erzählt heute Morgen vom Auswanderer, der Sachsen den Rücken kehrte um fortan im fernen Amerika sein Glück zu finden. Spannend finde ich als Geier diese Geschichten. Und auch die Gäste lauschen aufmerksam vom Leben damals auf dem Mississippi als der Auswanderer diese Strecke fuhr. Rau ging es zu, Krankheiten griffen ums sich. Und immer wieder beschreibt
der Erzähler Momente der Menschlichkeit auf diesem Weg. Ein spannendes Buch, gleichzeitig eine wahre Geschichte. Wer weiß – vielleicht wird daraus ja noch ein Hollywood Streifen. Doch zuvor, so bin ich sicher, werden die Deutschen wohl die Geschichte lesen und sich dabei an ihren eigenen Weg auf dem Mississippi erinnern. Am Nachmittag geben Bariton Steve und seine bildhübsche Gefährtin JoAnn eine Kostprobe ihres musikalischen Könnens. Musik – Musik – Musik ist das Motto der Abendshow. Eine phantastische Stunde mit bezaubernden Menschen und tollen Stimmen. Wieder wäre ich bald von meinem Geierhimmel gefallen.

 

 

„Guten Morgen liebe Gäste. Wir haben Memphis erreicht“ begrüßt Bariton Steve die Schumann Besucher. „Draußen steht der Bus bereit für unsere Fahrt nach Graceland“. Aha denke ich – die wollen den großen Elvis Presley besuchen. Doch wo soll der Bus sein, der sie nach Graceland bringt? Da erspähe ich auch schon den kleinen, grauen Dicken. Er hält sich einen kleinen schwarzen Kasten ans Ohr. Ununterbrochen spricht, nein schreit er hinein. Er stampft mit den Füßen und schimpft mit dem Kasten. Kein Bus zu sehen weit und breit. Schnell steigen nun die Greenhörner in die amerikanische Eisenkutsche. Bis auf den letzten Platz ist diese nun gefüllt. Bariton Steve und des grauen Anführers Gespielin müssen mit einer dieser kleinen Eisenkutschen vorlieb nehmen. Das war wohl alles etwas anders geplant vermute ich mal. Doch nun sehe ich alle vereint in Graceland aussteigen. VIP Schilder hängen ihnen vor der Brust – so müssen sie nicht in der Warteschlange stehen. Ein Bus bringt sie nach und nach zur Presley Villa. Ehrfürchtig stehen sie davor. Nun können sie Fotos vom Eingang machen. 100 Fotos werden sie wohl in den folgenden Stunden schießen. Den Rundgang kann man nicht beschreiben. Nur so viel: Die Greenhörner hatten das Gefühl, Elvis sehr nah gekommen zu sein. Und am Ende führt der Besucherpfad am Grab des King vorbei. Dort hielten sich manche im Arm – die Gefühle drehten durch. Musik und Große Geschichte. „Vor Elvis war nichts“ so meinte einst der großartige John Lennon. „Er ist der einzige in der modernen Geschichte, der weltweit sofort an seinem Vornamen erkannt wird“, sagt der britische ElvisBiograf Ted Harrison. „Sagen Sie Elvis in Peking, Nicaragua,  Estland oder Fidschi und alle kennen ihn, quer durch alle Sprachen und Kulturen.“ Bis heute gilt Elvis Presley als der erfolgreichste SoloMusiker
aller Zeiten – mit schätzungsweise einer Milliarde verkaufter Platten. Zurück zum Mississippi Boot fährt die Meute in einem Bus, wohl noch vor Presleys Zeit gebaut. Ein klappriger Oldie, wie einem Film aus Memphis entsprungen. Hier erinnert der graue Anführer auch an Memphis andere Seite. An den Protestmarsch gegen Rassendiskriminierung und den Mord an Martin Luther King, einen anderen ganz großen der Geschichte Amerikas.

Am Nachmittag soll eine lange Eisenlimousine die deutschen Gäste zur Pyramide bringen. Ich frage mich was wollen die dort? „Da gibt es alles für den Mann aus Amerika“ klären die Anführer die Greenhorns auf. Angelrouten und Netze, Boote und Gewehre, riesige Grills und lange Messer – eben alles was der amerikanische Mann von Welt so braucht. Und Geierblick gibt es auch. Oben auf der Pyramide sind Terrassen angebaut. Der höchste freistehende Fahrstuhl der Welt bringt die Besucher hinauf. Ein Erlebnis, da sind sich alle sicher. Erst Elvis und nun Bass Pro was für ein Tag. Am Abend dann wieder Alkohol und
Dixieland vom Feinsten. „Man in Black“ heißt diesmal die Band und heizt den Gästen nochmal richtig ein. Doch irgendwie liegt eine Abschiedsstimmung  über dem Mississippi Dampfer. Denn am nächsten Morgen wollen die Greenhorns nach Florida fliegen. Mittels langer Eisenlimousine soll es zum Flughafen  gehen. Doch diesmal, ist es der Memphis Marathon der den Weg versperrt. Und so wird es nochmal spannend, ob die Greenhorns rechtzeitig den Platz der Eisenvögel erreichen. Nun, der kleine graue Dicke und der Bariton Steve bekommen es hin. Statt einer großen kommen 5 kleine Eisenkutschen und bringen
die Deutschen zu ihrem Vogel, der sie nach Miami fliegt.

 

Ich muss mich sputen, denn der Weg dahin ist weit. Erst spät am Abend, die Sonne ist längst hinter Miamis Skyline verschwunden, erreiche völlig erschöpft den Rand dieser Großstand. Southpoint heißt der Platz, da sehe ich sie. Auf einer kleinen Terrasse bei Schampus und Wein. Drinnen stehen türme weise Hartschalenmeeresbewohner eisgekühlt. Ein Festessen, was einem amerikanischen Präsidenten würdig wäre. Steaks so groß, dick und saftig wie ich sie vorher nicht sah. Edelste Weine aus Amerika. Ein Bergfest so höre ich wird hier begangen. Ein ganz besonderer Abend scheint das hier zu sein. Später dann – ich hab mich zum Schlafen auf meinen Lieblingsbaum gesetzt – sehe ich sie in unserem besten Luxushotel verschwinden. Sie scheinen im Biltmore dem Mafiahotel ihre Nester gefunden zu haben. Das muss ein Vermögen kosten so denke ich mir. Tja diese Greenhörner verstehen zu leben, das erwähnte ich ja bereits.

Doch was ich am nächsten Tag in Miami erspähe, das glaubt mir keiner aus meiner geierlichen Bruderschaft. Da steigen doch die Greenhörner tatsächlich in ein solches Eisenboot, dass die Miamis Millionäre immer nutzen. Da wo sonst die Kokainmafia Partys feiert oder Hollywood Promis ihre Gäste einladen. Ich dachte erst ich spinne. Meine Greenhorns auf der Venetien Lady einem echten Luxusliner. So mit Sonnendeck, Bar und allem Pipapo. Dann cruisen sie durch die Lagunen von Miami, bestaunen die Villen der Superreichen und genießen den Tag. Klar – ehe ihr mich fragt – auch Wein, Bier und Schampus floß durch die durstigen Kehlen. Ob es einen Imbiss gab? Und ob, Florida Buffet – reichlich und gut. Später sah ich die Deutschen in Little Havanna, sie haben Cubaocho
okkupiert. Mochitos und Musik, Tapasbar und den Gedanken nachhängen. Auch beim Kubaner fühlen sich die Greenies wohl. Mehr als 10 Tage verfolge ich meine beloved Germans nun schon. Heute Morgen sehe ich sie am Pool und durch Coral Gables streifen. Sie genießen das Leben, das kann ich deutlich sehen. Am frühen Nachmittag bringt sie Stanley der Eisendroschkenkutscher zum Seaqurium. Mit dabei auch die neue Co Anführerin oder ist sie eine Co
Gefährtin? Claudia ist ihr Menschenname und sie ist schlau und eine Kennerin der Florida – Szene. Was hier den Greenhorns geboten wird sind Shows auf höchstem Niveau. Delfine die meterhoch durch die Luft segeln, Salto schlagend oder kerzengerade. Seelöwen bei der Meeresreinigung und sogar ein Killerwal riesig und wunderschön. Da könnte ich stundenlang zuschauen. Kein Wunder, dass alle meine Geierbrüder hier durch die Lüfte segeln und sich ebenfalls prächtig amüsieren. Dann verschwinden sie zum Shopping in der Lincoln Road. Später sehe ich sie nochmal am Ozean Drive. Futter und Wein im News Café. An diesem Ort, so schien es mir, waren erstmals die Greenhorns nicht so ganz zufrieden. Ein Stück Futter musste der Oberanführer sogar
zurück in die Futterküche geben. Naja – ich glaube aber auch, dass alle noch vom Präsidentenessen Smith & Wollensky verwöhnt und satt sind. Wie sagt mein Bruder Dizzi immer: „Wenn der Geier satt hat, schmeckt das köstlichste Kaninchen faulig“. 

 

 

Heute mache ich, Flapps, mit mehreren Mitgliedern meiner Geierbruderschaft einen Ausflug über die Everglades. Und da entdecke ich auch wieder die Deutschen. Zuerst sehe ich, nein höre ich, den grauen, dicken Kleinen und auch die schöne blonde Claudia, also die Anführerin. Sie sind in Coopertown und kaufen die ganze kleine Minitheke leer. Dutzende Bierflaschen werden rausgetragen. Dann verschwinden alle drin und kosten Aligatorenmuskeln und
Froschschenkel. Also die Greenhorns bekommen wirklich alles vorgesetzt, was unsere Küche so zu bieten hat. Eigentlich sind die köstlichen Frösche und Panzerechsen uns Truthahngeiern vorbehalten. Aber gut – für die beloved Germans will ich gern auf meinen Anteil verzichten. Dann auf einmal ein Höllenlärm, fast wäre ich vom Ast gestürzt, die Greenhorns sitzen in seltsamen Eisenbooten. Hinten dran ein überdimensionales Stück Eisen was sich immer im Kreis dreht und für diesen Höllenlärm sorgt. Heiliger Geier – was ist das denn? Mit einem Affenzahn rasen sie über die Kanäle. Dann Stopp und Stille. Sie
sichten einen Alligator, mindestens 3 Meter lang. Langsam gleitet die schwarze Urechse ans Ufer und verschwindet schließlich hinter dem
dichten Wurzelwerk. Alle sind entzückt. Hunderte Fotos werden geschossen. Also Bilder eingefroren mit der Bildereinfriermaschine, die die Meisten neuerdings haben. Mit manchen dieser Apparate kann man sogar sprechen. Seltsam – die spinnen die Menschen. Wir Geier bleiben meist unbeobachtet, selten das ein Greenhorn zu uns hochschaut oder uns als Bild gar einfriert. Dabei sind wir doch riesig groß und auch recht ansehnlich. Nur der graue, kleine Dicke schaut immer wieder in den Himmel und scheint nach mir zu suchen. Wahrscheinlich hat er mich sogar längst entdeckt. Er scheint mir ein Zeichen zu geben. Und formt das WortThank You Flappsi du mein Lieblingsgeier… Und schon verschwinden auch wieder alle in der großen Eisenkutsche mit dem Droschkenkutscher Stanley. Er bringt sie in unser Inselparadies, Florida Keys genannt. An einem wunderschönen Garten steigen alle wieder aus. Oh – sie haben das Paradies gefunden. Alle  freuen sich über Ihre großen Nester und die private Atmosphäre. Glücksgefühl liegt in der Luft, wir Geier können das spüren. Kurze Zeit später, die Sonne versinkt über der Bucht von Mexiko, spazieren die Greenhorns zur Lorelei. Nein nicht an den Fluss in Deutschland,
sondern zu einer Strandkneipe. Und dort wird wieder einmal so richtig geschlemmt. Beef und Fisch, Krabbenzangen und Jakobsmuscheln, Garnelen und Hühnchen. Dazu Wein und Bier – reichlich und gut.

 

Früh am Morgen erspähe ich die Eisenkutsche über die Inseln, die hier Keys heißen, rollen. Insel – Brücke – Insel und immer so weiter. Eine der Brücke heißt  7 Miles Bridge. Sie ist die längste und fast 14 km lang. Dort steigen sie aus und staunen. „Key West, die südwestlichste der Florida Keys hat den Namen nicht wie man vermuten würde weil sie die westlichste ist. Nein; Key West kommt von Cayo (spanisch für Insel) und Hueso (spanisch für Knochen). Aus Cayo  urde Key und aus Hueso wurde West. Aber weshalb Insel der Knochen? Die Spanier, so sagt die Legende, haben hier bergeweise Menschenknochen gefunden. Und so hielt sich lange das Gerücht, dass auf dieser Insel Menschenfresser ihr Unwesen treiben. Im 18. Jahrhundert landeten immer wieder Piraten und siedelten sich hier an. Und so bekam Key West den Ruf einer spukenden, geheimnisvollen Insel, die man meiden sollte. Erst Ende des 19. Jahrhunderts wurden die meisten Piraten vertrieben. Und viel später, zunächst mit dem ersten berühmten Urlauber Präsident Harry S. Truman und dann mit dem  berühmtesten Bewohner von Key West, Nobelpreisträger Ernest Hemingway, wurden die Keys weltbekannt.“ erzählt der kleine dicke Graue den Greenhorns. Nun wissen sie Bescheid, so denke ich mir. Dann besuchen sie natürlich auch das wundervolle Anwesen des großen amerikanischen Schriftstellers. Hier lebte und wirkte Ernest Hemingway bis er 1939 nach Havanna zog. Hier im Wohnhaus Hemingways spüren die Germans den Geist unseres großen amerikanischen Schriftstellers. Was für ein einzigartiger Moment. Später sehe ich sie wieder in der Half Shell Bar. Austern essen und Grouper futtern, Wein und Bier und Lime Key Cake als Nachspeise. Auch ein feiner Moment, Genuss pur. Und dann, ich traue meinen Geieraugen kaum, sehe ich sie sogar über mir kreisen. Sie sitzen in einem mittel kleinen Eisenadler und genießen den Geierblick auf die Keys mit ihren Brücken, das schillernde Meer und die untergehende Sonne. Was für ein Tag – Hemingway, Austern und Geierblick – so lässt es sich leben.

 

„Mitzi war der Lieblingsdelfin von Milton und Virginia. Sie liebten die Meerestiere. Aus dem begabten Mitzi wurde später der erste Flipper, ein TV Star. Oh ich habe als Kind keine Folge versäumt. Hier wurde gedreht, hier lebten die verschiedenen Delfine, die im Laufe der Zeit Flipper im TV wurden. Heute noch leben Nachkommen der Flipper – Darsteller hier im Dolphin Research Center. Acht Wissenschaftler erforschen hier Verhalten und Lebensweise der intelligenten Meeressäuger“ – erklärt Susan die Verkaufschefin des Zentrums. Ich wundere mich: die Greenhorns müssen Tierfreunde sein, sind doch die
meisten von Ihnen nun schon zum zweiten Mal bei den Delfinen zu Gast. Und diesmal treffen sie sogar Pax, meinen Delfinfreund. Er lässt sich streicheln und lacht, manchmal versucht er mit den Greenhorns zu sprechen, nur die meisten verstehen ihn nicht so richtig. Dann gibt er zum Gruß seine Flossen, ein wirklicher Freundschaftsbeweis. Ich bin sicher meine lieben Deutschen werden fortan noch mehr auf Meeresschutz und Nachhaltigkeit achten. Delfine können den Menschen das irgendwie begreiflich machen. Wenn wir Geier da klagen, bleibt es eher ungehört. Bei Chef Michaels’ langen sie am Abend richtig zu. Es scheint als wollten sie nochmals alle Köstlichkeiten Floridas auf einmal verspeisen. Der Anführer und seine Gefährtin langen besonders oft zu. Und wieder rinnt auch manch gute amerikanischer Tropfen durch die durstigen Kehlen. Chef Michaels’ so höre ich, hat den Greenhorns wohl auch sehr
gemundet. Am Freitag sehe ich die meisten nur auf Liegen rumlungern. Mal im Wasser planschen, manchmal auch Bücher ohne Papier lesen oder auch
durch Islamorada spazieren. Doch alle scheinen guter Dinge zu sein. Sie genießen die Zeit, so viel ist sicher. Am Abend treffen sich alle zum BBQ – Futter auf der Miniinsel. Sie lauschen des dicken, grauen Kleinen – er erzählt von zukünftigen Abenteuern. Vom Traumwinter in den Alpen und dem Zauber Venedigs, von Musik und einer Geburtstagsfeier auf einer Zugspitze. Es geht um das Reisen auf Eisenschiffen und einem Herbst in Korea und Japan. Ach ich werde so ein wenig wehmütig es scheint, als wollten die Greenhorns bald weiterziehen. Gern würde ich sie doch weiter begleiten.