Schon bei Ankunft am Flughafen Hanoi empfängt mich ein offenes Lächeln. Zugegeben nicht von dem korrekten, aber doch etwas mürrischen Beamten am Einreiseschalter. Ihm war kein Lächeln zu entlocken – doch vielleicht muss das in der Sozialistischen Republik Vietnam so sein. In der Ankunftshalle des Flughafens war das dann schlagartig anders. Lächelnde, freundliche Menschen wollten von mir wissen, wo ich herkomme. „First time in Vietnam? No – when has you been here“ fragte mich eine perfekt englischsprechende am Informationsschalter während ich auf meinen Vietnamesischen Guide wartete. Tja, wann war ich denn das letzte Mal in Vietnam. Unsere letzte Gruppe hatten wir wohl kurz vor der Pandemie hier. Aber wann habe ich persönlich das letzte Mal Vietnam besucht. Mehr als 15 Jahre sind seitdem vergangen. Schon der Flughafen ist mir fremd – viel moderner, aufgeräumter und organisierter als damals. Na, ich bin gespannt.
Mr. Chaou, so heißt mein vietnamesischer Guide. „Willkommen in Hanoi, sind Sie das erste Mal in Vietnam“ – da ist sie wieder die Frage, die ich nicht so ganz genau beantworten kann. Nun ja, Mr. Chaou zumindest war schon in Deutschland, genauer gesagt studierte er wie Tausende aus seinem Land in der Nähe von Chemnitz (manche erinnern sich vielleicht: damals hieß das Karl-Marx-Stadt) Maschinenbau. Als Herr Chaou aus der damaligen DDR zurückkehrte schrieben wir das Jahr 1980 und in seiner Heimat waren wohl endlich Frieden. Zumindest weitgehend. „Schwere Zeiten – damals in Vietnam und schön waren die Jahre in der DDR“ erzählt mir mein Guide immer wieder. Viel haben wir in den nächsten Tagen über Politik, Deutschland damals und heute und das heutige Vietnam gesprochen. Auch über Klimaschutz, Umwelt im Allgemeinen und soziale Gerechtigkeit. Da gibt es, so mein Eindruck, in unsere beiden Heimaten noch sehr viel zu tun.
Hanoi präsentiert sich in den Außenbezirken modern und aufstrebend, 6-spurige Autobahnen führen in die Metropole. Rund 8 Millionen Menschen leben hier. Glaspaläste und Hochhäuser neben traditionellen Stelzenhäuschen und mehrstöckigen ganz schmalen Privathäusern. Eine spannende Mischung. Durch die Altstadt geht es dann nur im Schneckentempo, wichtigstes Gerät am Auto? Na klar, Sie ahnen es schon, die Hupe. In den engen Straßen herrscht bunte Geschäftigkeit. Die Straßenrestaurants sind voller Menschen. Musik tönt aus den Lautsprechern. Die neuesten europäischen Hits und asiatische Klänge neben – und übereinander. Eine Kakophonie, die dem Straßenbild entspricht. Dann sind wir da – ein gepflegter Eingang in ein historisches Haus. Vielleicht war es einst das Haus eines reichen Händlers oder eines vietnamesischen Aristokraten. Wer weiß das schon. Heute ist es ein Hotel. Es gehört einer fleißigen Familie aus Hanoi, die dieses Kleinod erhalten und liebevoll restaurieren ließ. Peridot Grand Hotel steht draußen dran. Ich habe mich sofort in dieses Haus verliebt. Inmitten der aufregenden Altstadt ein Hort der Ruhe, Entspannung und des Stils. So sollen die Schumann Gäste in Hanoi wohnen. Vom kleinen Swimmingpool auf dem Dach hat man einen überwältigenden Blick über die verwinkelten Gassen und das wilde Durcheinander der Dächer. Dahinter ragen die Wolkenkratzer des neuen Hanois in den Himmel. Hier oben genehmige ich mir mein Hanoi Bier. Das ist ein Auftakt, unerwartet und einzigartig!
Jetlag hin oder her, um 7 Uhr Morgens heißt es aufstehen. Zu Hause ist es gerade mal um 2 Uhr nachts. Doch auch das ist das Leben eines Berufsurlaubers, nicht nur Sonnenseiten. Schnell gefrühstückt (übrigens dem noblen Haus entsprechend lecker und vielfältig) und schon stehen Auto und Herr Chaou vor der Tür. Wir fahren zur Ha Long Bucht. UNESCO Welterbe und einer der Attraktionen in Vietnam schlechthin. Ich bin gespannt. Schließlich haben sich so manche Orte in Asien zum absoluten Hotspot entwickelt. Instagram süchtige suchen das perfekte Fotomotiv ihrer Lieblingsinfluencer. Wenn Sie jetzt nicht wissen, was ich meine, kein Problem. Wusste ich auch nicht. Es heißt so oder so ähnlich: Verrückte Menschen wollen genau das Foto wie ebendiese Im Internet bei einem anderen verrückten Menschen gesehen haben. Nun ja – die Welt dreht sich immer schneller, auch für mich. Auch Ha Long soll sich zu einem solchen Ort entwickelt haben.
Der erste Eindruck scheint das leider zu bestätigen. Wobei nicht die Anzahl der Menschen überrascht oder stört, sondern eher das Resultat dieses Trends. Überall neue Hotels, Appartementhäuser, halbfertige Bauruinen und leerstehende Wohnsilos. Hier witterte man wohl zu großes Geschäft. Aber wie sagt mein Freund immer: Gier frisst Hirn. Nun ja – ich will ja nicht im Ort Ha Long bleiben. Vielmehr wollen wir mit einer der um gebauten Dschunken hinaus schippern. Am liebsten Segeln, doch das bleibt leider Wunschtraum. Ein kleines Beiboot bringt uns vom Steg aus zur Legend Dragon, dem legendären Drachen also. Ein schickes Schiff, außen einer Segeldschunke nachempfunden. Viel Holz gibt dem Schiff einen wohnlichen Charakter. An Bord sind wir so rund 20 Gäste. Schon heißt es Anker auf – wir fahren hinaus. Schnell ist die etwas unschöne Küstenlinie der Stadt aus unserem Blickfeld. Wir kreuzen in der riesigen Ha Long Bucht. Fast 2000 Inseln und Inselchen sollen es sein.
Und nun weiß ich auch, weshalb hier alle herwollen. Aus dem türkisfarbenen Meer ragen bis über Hundert Meter aufragende Karstinseln. Mal scharfkantige pittoreske Spitzen, dann wieder riesigen Drachen oder Schildkröten ähnelnde Naturfiguren. Die größeren Berge sind dicht bewaldet. Ständig wechselt die Szenerie. Großartige und nein nicht überfüllt, da wo unser Schiff fährt, gibt es keine Menschenmassen. Ruhe und Natur, das ist alles. Zwischendurch kulinarische Höhepunkte. Vietnamesische Spitzenküche. Am Nachmittag schauen wir uns einen dieser Karstberge näher an. Wir gehen an Land und in den Berg. Regelmäßiger Regen hat den Berg ausgehöhlt, geformt wie ein überirdischer Künstler. Wer Lust hat umrundet die Inselchen dann noch per Kanu.
In der geräumigen Kabine finde ich leicht tiefen Schlaf. Über Nacht liegen wir vor Anker in einer kleinen geschützten Bucht. Hier besuchen wir am Morgen einige Fischerfamilien. Sie leben auf schwimmenden Häusern und bewirtschaften Aquakulturen. Fisch und Perlenausternzucht. Wie es scheint im Einklang mit der Natur, in der sie leben.
Dann endet auch schon unser Ha Long Abenteuer. Mit dem Beiboot an Land, umsteigen ins Auto und ab in Richtung Bergland. Dem nächsten Abenteuer entgegen. Fazit der ersten Tage – das Peridot in Hanoi und die Minikreuzfahrt in der Ha Long Bucht werden unsere Gäste in Vietnam auch erleben.
Etwa 3 Stunden später, wir passieren die Millionenstadt Haiphong, finden wir uns in einer ähnlichen Szenerie wie der in der Ha Long Bucht wieder. Ähnlich wie dort, ragen auch hier Karstberge unterschiedlichster Größe, Höhe und Form aus dem, nicht Meer, sondern aus der gras- und reisgrünen Landschaft. „Das ist die trockene Ha Lang Bucht“ klärt mich Herr Chaou auf. „Hier hat das Meer nicht das Land überspült, doch die Kalkberge sind gleichen Ursprungs.“ Die Gegend ist atemberaubend schön, nur weniger bekannt. Im „Esmeralda Resort“ beziehen wir Quartier, leider nur für eine Nacht. Ich wohne in einer der kleinen stilvollen villenartigen Bungalows. Kein Luxus, doch üppige Vegetation umgibt die kleinen Häuschen. Sensationell: der Blick in die Karstkulisse. Die Schumann Gäste sollen hier länger wohnen können, das schreibe ich mir gleich in mein Reisetagebuch: Esmeraldo Resort super, 2-3 Nächte, Ausflüge zum See, Wanderung durch die Karstberge
Am nächsten Tag haben wir viel vor. Zunächst wieder 3 Stunden über Land in Richtung der Berge. Dort wollen wir das Land der Thai Minderheiten besuchen. Schauen, ob das tatsächlich eine Tagesreise wert ist, wie mir mein Guide versichert. Langsam steigt das Gelände an. Die Straße wird nun schmaler und schlängelt sich die Berge hinauf. Üppiger Dschungel umgibt uns hier. Reiseterrassen vervollständigen das Bild. Postkartenidylle! Dann erreichen wir unser erstes Etappenziel, das Pu Luong Retreat. Kleine Stelzenhäuser in den Hang gebaut mit einem atemberaubenden Blick in den Bergregenwald und über ursprüngliche Dörfer. Allein dieses Panorama ist die Reise wert. Und noch eine Sensation, Bewässerungstechnik aus Bambus. Seit Jahrhunderten funktionieren die Wassermühlen ohne zusätzliche Energie. Der Bergbach treibt sie an und spendet gleichzeitig das Wasser zur Bewässerung der Felder. Kleine an den Bambuswasserrädern angebrachte Bambusrohre schöpfen das Wasser. Am Wasserradscheitel fließt es heraus und speist halboffene Bambusrohre, die das kostbare Nass in die Felder tragen. Genial, einfach und nachhaltig. Ich bin fasziniert. Mittagessen gibt auch für mich. Bananenblüten Salat – so lecker, müssen Sie hier auch kosten. Also auch hier werden wir wohl einige Tage bleiben. Es gibt so viel zu entdecken, zu kosten und zu erleben.
Sa Pa müssen wir auch besuchen, meint Herr Chaou. Mit dem Nachtzug von Hanoi aus. Auch dort leben Bergvölker mit ihrer vollkommen eigenen Kultur und Sprache. Im Süden dann das Mekongdelta und Hoh Chi Minh City, wie Saigon heute heißt. Ich merke schon, das werden wohl mehr als 2 Wochen – nun heißt es abwägen, kombinieren und komponieren: bis die neue Reise steht. Sagenhaftes Vietnam – Land zwischen Meer, Berge und Mekong. Ich freue mich drauf, Sie auch?