Unterwegs auf Borneo und in Malaysias Osten

KLIA – wie der internationale Flughafen von Kuala Lumpur hier genannt wird – ist mein erstes Etappenziel in Malaysia. Lange ist es her, dass ich diese aufstrebende Region besuchte. Vielleicht 20 Jahre schätze ich, danach reisten immer wieder Schumann Gruppen in das südostasiatische Land. Ich erinnere mich noch gut an die enormen Kontraste. Die Petronas Tower gehören zu den modernsten und höchsten Gebäuden der Welt, Wahrzeichen Kuala Lumpurs und sichtbarer Ausdruck einer wachsenden Wirtschaftsstärke. Auf der anderen Seite ursprüngliche und nahezu unberührte Regenwälder, die zu den ältesten Primärwäldern unserer Erde gehören. Ein dicht ausgebautes Autobahnnetz und gleichzeitig Dörfer, die nur per Boot erreichbar sind. Es sind immer wieder diese scheinbaren Gegensätze, die mich faszinieren. Ich glaube, unseren Gästen geht es ähnlich.

Wie erwähnt – seitdem sind ungefähr 2 Jahrzehnte vergangen. In Südostasien, besonders in Sumatra, aber auch in Borneo, fallen große Teile der Primärregenwälder riesigen Palmölplantagen zum Opfer. Hier geht wertvoller Lebensraum und Artenvielfalt verloren. Andererseits sorgt der unstillbare „Hunger“ nach Palmöl für eine immense weltweite Nachfrage und für Deviseneinkünfte, die auch Malaysia dringend benötigt. Gleichzeitig sind wir auf den Erhalt der letzten Urwälder mehr denn je angewiesen. Nur so lässt sich das weltweite Artensterben aufhalten. Gleichzeitig spielen die riesigen Tropenwälder eine wichtige Rolle als CO2 Speicher. Eine der wichtigsten Maßnahmen in Sachen Klimaschutz ist der Erhalt gesunder und über Jahrhunderte gewachsener Wälder. Dennoch, wir Europäer sollten nicht mit dem Finger auf die Länder der Tropen zeigen. Unsere Urwälder haben wir schließlich schon vor Hunderten von Jahren abgeholzt und vielfach durch Monokulturen ersetzt. Diese Argumente höre ich oft, wenn ich auf meinen Reisen in die Tropen das Abholzen von Regenwäldern anprangere. Die Sache ist also komplex. Letztlich müssen die Regierungen vor Ort die richtige Balance finden, zwischen Wirtschaft und Wohlstand sowie Natur- und Artenschutz, Erhalt der großen Ökosysteme und Ausbau der Infrastruktur.

Nun, ich bin gespannt, was sich die letzten 20 Jahre getan hat. Los geht´s. Kota Kinabalu, eine ziemlich große Stadt liegt direkt am Südchinesischen Meer im Nordosten von Borneo, der drittgrößten Insel unserer Erde. Gleichzeitig ist K.K. erste Etappe meiner Reise durch Malaysia. Auf dem ersten Blick wirkt die Stadt ziemlich chaotisch, so wie viele asiatische Großstädte. Nicht wirklich eine Metropole, wie Kuala Lumpur beispielsweise, aber doch groß genug für Verkehrschaos, 6-spurige Autobahnen und das eine oder andere Hochhaus. Nichts besonderes sollte man meinen. Doch auf dem zweiten Blick offenbart Kota Kinabalu doch so manches Geheimnis. Ich wohne im le Meridien mit Blick auf Meer. Besser gesagt auf den Fischereihafen. Natürlich muss ich da hin – Fischer und Fischmärkte interessieren mich immer. Geben diese doch erste wertvolle Einblicke in die Lebensweisen der Menschen hier. Und so ist es auch. Im Fischmarkt stapeln sich Thunfische neben Garnelen, Red Snapper neben gefährlich anmutenden Barrakudas, haufenweise kleine sardinenartige Silberfische und ganz bunte Barsche. Es wird gefeilscht und auch tüchtig eingekauft. Dabei geht es weit eleganter und leiser zu als beispielsweise auf arabischen oder afrikanischen Fischmärkten. Man ist hier eher zurückhaltend und sehr höflich. Neben den Reichtümern der Meere werden Obst und Gemüse gehandelt. Staudenweise Bananen, Jack Frucht und reife Mangos, die stinkenden Durians und Melonen in allen Größen. Bohnen, Tomaten und Süßkartoffeln, Auberginen und Kürbis. Auf den Fleischtischen sind Hühner aufgereiht. Daneben Lamm und Rind. Für gutes Essen scheint also gesorgt zu sein. Alles sieht außerordentlich frisch aus und macht Appetit. Denn kann ich auch auf dem Markt gleich stillen. Ich gönne mir einen frischen Mangosaft und kleine gegrillte Lammstückchen am Spieß. Und dann erlebe ich noch einen traumhaften Sonnenuntergang. Wie eine riesige, pralle Apfelsine taucht die Sonne hinter bunten Fischerbooten ins Meer. Grandios – man kann es direkt „zischen“ hören. Ein toller Auftakt in Borneo und ein wundervolles Tagesfinale.

Am nächsten Morgen mache ich mich auf Borneo ein wenig zu erkunden. Erstes Ziel, der über 4.000m – hohe Mt. Kinabalu. Einer der höchsten und vielleicht schönsten Berge Südostasiens. Besteigen werde ich ihn nicht, dazu benötigt man 2 bis eher 3 Tage. Dazu fehlt mir leider die Zeit während dieser Tour. Aber ich kann den Bergriesen sehen und bestaunen. Aus allen möglichen Richtungen. Die oberen Zacken erinnern an manche Berggipfel der Dolomiten. Nur das die Südtiroler Gipfel oft länger ausgearbeitete Zinnen aufweisen, während am Kinabalu die Zacken eher wie Zähne eines Riesen wirken. Oder wie eine Königskrone, die das Plateau des Gipfels einrahmt. Die unteren Flanken sind von dichtem sattgrünem Wald bewachsen. Hin und wieder stürzt sich ein Wasserfall ins Tal. Meist bedecken dichte Wolken den Gipfel – ich habe Glück, weiße Wolkenfiguren umspielen den Berg und sorgen für großartige Kontraste.

Ich verlasse die Region rund um den Mt. Kinabalu, will heute noch zum Bilit Fluss. Hier soll es noch unberührten Regenwald geben. Orang Utans, die Minielefanten von Borneo und Primaten mit riesigen Nasen. Allesamt stark gefährdete Tierarten. Prägte die ersten Fahrstunden in der Bergregion tatsächlich noch primärerer Berg- und Regenwald die Szenerie, und zwar soweit das Auge reicht, so ändert sich das nun doch auffallend. Tausende Urwaldriesen mussten noch mehr Plamen weichen. Silbern glänzen sie im Sonnenlicht. Durchaus schön anzusehen. Kilometerlang säumen die Palmölwälder die Straße. Hin und wieder stehen bunte Hinweistafeln auf die eine oder andere Ölmühle, auf riesengroße Palmen Farmen und Infrastrukturprojekte. Kolonnen von Lastwagen, die Palmfrüchte oder eben das fertige Öl in Tankt Trucks transportieren. Also folgen Highways, um dem einhergehenden wachsenden Verkehr zu bewältigen. Mich macht es einerseits sehr traurig, bin ich doch hier während meines letzten Besuchs noch durch Wildnis gefahren. Andererseits hatten damals die Menschen hier kaum wirtschaftliche Chancen. Jede Medaille hat eben zwei Seiten. Gleichzeitig sorge ich mich, ob es den unberührten Urwald mit Orang Utans und Nasenaffen, Elefanten und Sun Bears überhaupt noch gibt. Ist der Bilit vielleicht längst zum Abwasserkanal von Ölmühlen geworden? Dann müssten wir tatsächlich Borneo von unserer touristischen Landkarte streichen. Mit noch mehr negativen Auswirkungen für die hier lebenden Menschen. Während ich so grüble, im Auto singt Udo Lindenberg gerade von der Bananenrepublik und der Gier von machtgeilen Idioten (irgendwie passend denke ich), verschwinden die Palmenplantagen wieder und weichen dem sich ausbreitenden Regenwald. Das silbrige Grün der Palmenblätter weicht den üppigen vielfachen Schattierungen von gelb, sattem Grün und dem rot von blühenden Sträuchern. Durch das nun offene Autofenster dringt ein schwerer Duft aus kaum definierbaren Geruchsnoten. Es ist der Duft der Natur – kein Parfüm der größten Künstler kann dies je erreichen. Meine Traurigkeit ist verflogen. Es gibt es noch, das liebenswerte, unberührtem, wilde, undurchdringliche Borneo. Ich bin den Tränen nahe.

Mein Auto stelle ich am Flussufer ab. Chao vom Bilit Adventure Resort holt mich mit einem der Ausflugsboote ab, nach 5 Minuten Flussfahrt sind wir da. Die kleine Anlage besteht aus 5 traditionellen Holzhäusern mit jeweils 4 geräumigen und auch klimatisierten Zimmern. Das Resort liegt direkt am Fluss mitten im Regenwald, fantastisch! Zum Frühstück, Mittagessen und Abendessen wird jeweils ein kleines Buffet aufgebaut. Es gibt immer einen guten Mix. Fleisch, Fisch oder auch vegetarische Gerichte. Alles frisch zubereitet und aus regionalen Produkten. Hier wird auf Nachhaltigkeit geachtet.

Am Abend fahre ich auf eine erste Exkursion – per Boot versteht sich. Die Tierwelt ist großartig. Wir begegnen schon in der ersten Stunde zahlreichen Arten: Nashornvögel und Blaureiher, Langschwanzmakaken und einem Babykrokodil. Allein die üppige Regenwaldvegetation ist überwältigend. Allein diese Landschaft lohnt den Weg hierher.

Am nächsten Tag fahren wir noch zweimal mit dem Boot raus. Am Morgen, noch vor dem Frühstück, war es am schönsten. An zwei großen Uhrwalriesen kletterten ausgewachsene Orang Utans. In freier Wildbahn, ohne Zaun und Scheibe – ein wundervolles Erlebnis. Orang-Utans sind die größten Baumbewohner im ganzen Tierreich. Die Kopf-Rumpflänge beträgt bei männlichen Borneo-Orang-Utans 96 bis 97 Zentimeter und bei weiblichen 72 bis 85 Zentimeter. Die zur Seite ausgestreckten Arme haben eine Spannweite von bis zu 2,2 Meter. Männchen legen lebenslang an Gewicht zu und können im höheren Alter bis zu 100 Kilogramm wiegen. Weibchen bringen hingegen nur 30 bis 45 Kilogramm auf die Waage. Das lange, strähnige Haarkleid der Orang-Utans leuchtet orangerot bis rotbraun. Gesicht, Ohren, Handflächen und Fußsohlen sind dunkelgrau oder dunkelbraun. In jungen Jahren ist das Gesicht der Orang-Utans rosafarben und dunkelt mit zunehmendem Alter nach. Helle Augenringe umrahmen die dunklen Augen der Orang-Utans.

Eine Flussbiegung weiter streiten sich Nasenaffen um Ihr Frühstück. Nasenaffen sind aufgrund der ungewöhnlich großen Nase der Männchen leicht zu identifizieren. Sie leben in Regionen von bis zu 200 Metern Höhe, hauptsächlich in flussnahen Mangroven, Auen- und Sumpfwäldern. Die Tiere haben sich an ihren feuchten Lebensraum angepasst und sind hervorragende Schwimmer. Die Nacht verbringen sie meist auf Bäumen entlang der Ufer von Flüssen oder Seen. Nasenaffen gibt es nur hier auf Borneo. Und Sie sehen echt komisch aus.

Die Tage hier im Urwald sind wirklich ein besonderes Erlebnis. Die Bedenken und Zweifel, die mich auf der Anfahrt plagten, sind zumindest kleiner geworden – ganz verschwunden sicherlich nicht. Denn auch wenn riesige Urwaldgebiete unter strengem Schutz stehen und sich hier auch Borneos Tierwelt versammelt, schrumpft ihr Lebensraum.

Royal Brunei Airlines – das klingt schon ganz königlich – bringt mich ins kleine Sultanat. Und es ist tatsächlich für mich eine Prämiere. Ja das gibt es auch noch. Ich bin also das erste mal Brunei Darussalam, wie es amtlich heißt. Deutschkönnte man das als Ort des Friedens übersetzen. Die Amtssprache ist malaiisch und die Hauptstadt heißt Bandar Seri Begawan. Sultan Hassanal Bolkiah herrscht als absoluter Monarch über die Fläche von 5770 Quadratkilometer und über knapp 400.000 Einwohner. Ergiebige Ölvorkommen sorgten für einen gehörigen Wohlstand. Von dem auch die Einwohner zu profitieren scheinen. Alle mit denen ich mich unterhalte und die ich nach Ihrer Lebensqualität frage, beschreiben ein gutes Leben ohne Entbehrungen. Und das, obwohl Alkohol in dem muslimischen Land strengstens verboten ist. Nirgend ein Bier, ein Glas Wein oder gar einen Hochprozentigen. Lässt sich also auch abstinent gut leben.

Ich wohne im Empire Brunei Hotel – ein richtiger Palast, einem Sultan würdig. Alles ist riesig. Der Komplex liegt direkt am Strand, obendrein gibt es einen wirklich großzügigen Pool. Und das Frühstück – ein Traum. Ohja, denke ich, hier werden auch unsere Gäste wohnen. Und Sie werden genauso begeistert sein wie ich. Schön – Mission erfüllt. Ich mache mich dann also vom Hotel auf, die Stadt zu erkunden. Erst zu Fuß und dann per Boot in den Mangrovenwald hinein. Solche urwaldähnliche Landschaft hätte ich nun hier im Sultanat nicht erwartet. Einfach toll – ein würdiges Reiseziel.

Nun verlasse ich Brunei. Die letzte Etappe meiner Malaysia Tage steht an. Auf dem Festland, genauer gesagt der malaiischen Halbinsel, will ich mir noch Lodges und Hotels anschauen. Der Taman Negara ist mein erstes Ziel. Der Taman Negara Nationalpark ist mit 130 Millionen Jahren einer der ältesten Regenwälder der Erde. Man sagt, dass es mehr Arten von Bäumen auf einem einzigen Hektar im Taman Negara Nationalpark als in ganz Nordamerika gibt. 14.000 verschiedene Sorten von Pflanzen und Bäumen, davon allein 2.400 Arten von Blütenpflanzen, 200 Arten von Säugetieren, 350 verschiedene Vogelarten, 67 Arten von Schlangen, 55 Arten von Fröschen, 80 Fledermausarten, 30 Arten von Ratten und 109 Arten von Süßwasserfischen – mehr als irgendwo sonst auf der Welt! Auch hier werden wir mit den Schumann Gästen einige Tage auf Pirsch gehen – denn hier gibt es sogar noch den Malaiischen Tiger in freier Wildnis.

Nun noch ins Hochland. Mitten ins Inland, mitten in die Berge, mitten in die Teeplantagen. Natur pur. Und die frische Luft erst. Ein bisschen kühler – aber sommerlich angenehm. Die Teeplantagen sorgen dafür, dass die Landschaft übersät, ist mit sattgrün leuchtenden Feldern. Denn für unseren Tee pflückt man immer nur die ganz jungen, hellgrünen Blätter, während die älteren, dunkelgrünen am Strauch bleiben. Und so ziehen sich die Teeplantagen wie eine hellgrüne Decke über die Berglandschaft der Cameron Highlands. Die Teeplantagen hier sind übrigens – wie sollte es auch anders sein – eine Erbschaft der Engländer, die hier zu Kolonialzeiten perfekte Bedingungen fanden, um ihren geliebten Tee anzubauen. Mildes tropisches Klima, nicht zu warm, nicht zu kalt. Doch Tee ist nicht alles. Mich beeindrucken die fast unberührten Bergwälder mindestens genauso. Riesige Farnbäume wachsen am Straßenrand. Alte, mit Moos überwucherte Bäume, fleischfressende Pflanzen und wilde Orchideen. Da habe ich mir echt ein wunderbares Finale beschert. Und zur Krönung des Tages suche ich mir das wohl beste Haus in den Highlands aus: das Cameron Highland Resort. Was für ein idyllisches Berghotel – wieder etwas für die anspruchsvollen Schumann Gäste. Und für mich auch.- Und so bette ich mein müdes Haupt das letzte Mal in Malaysia. Morgen geht´s heim – ja endlich. Ich komme nach jeder Reise gern nach Hause. Denn nur wenn man heimkommt, kann man auch wieder aufbrechen. In diesem Sinne – bleiben Sie neugierig auf unsere schöne Welt. Und helfen Sie, unseren Planeten zu erhalten. Sie wissen schon: Klimaschutz, Nachhaltigkeit und etwas mehr Gerechtigkeit.